Die Investmentbranche entdeckt das Thema Frauenpower
Gail Kelly führt Australiens größten Finanzkonzern Westpac. Damit ist die 58-jährige Bankerin nicht nur Chefin von rund 37000 Mitarbeitern – sondern vor allem ein Ausnahmefall in der weltweit männerdominierten Privatwirtschaft. Fakt ist: Frauen sind selbst in den entwickelten Volkswirtschaften unterrepräsentiert in Top-Positionen. So ist etwa in Deutschland der Anteil an weiblichen Führungskräften trotz zahlreicher Appelle und Selbstverpflichtungen der vergangenen Jahre nach wie vor gering. Nur etwa 15 Prozent der Aufsichtsratspositionen in den 200 bedeutendsten Firmen sind mit Frauen besetzt. Noch düsterer sieht es bei den Vorstandsposten aus. Bei den 30 Dax-Konzernen sinkt die Quote aktuell: unter den 183 Vorständen seien nur noch zehn Frauen, teilte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung jüngst mit. Der Anteil sei seit Ende 2013 von 6,3 auf 5,5, Prozent gefallen.
Doch macht weibliche Führung für Unternehmen und den Aktienkurs einen Unterschied?
Das ist es, was Anleger abseits der eigentlichen Gleichstellungsproblematik viel mehr interessiert. Kernaussage vieler Studien: Es kann sich tatsächlich lohnen, bevorzugt auf Firmen mit Frauen in den höchsten Hierarchieebenen zu setzen. Schon länger beschäftigt sich die Wissenschaft mit den unterschiedlichen Charaktermerkmalen von Mann und Frau, mit deren Führungsqualitäten und Problemlösungen. Vor allem seit dem Höhepunkt der Finanzkrise Ende 2008 scheint sich die Unternehmens- und Kursentwicklung etwas zugunsten der mit weiblicher Beteiligung geführten Firmen zu tun. Deren Aktienkurse legen oft stärker zu als die der ausschließlich männlich dominerten. Und das weltweit. Wer von der Nachhaltigkeit der Entwicklung überzeugt ist, aber breit gestreut investieren möchte, der kann Ausschau halten nach geeigneten Fonds oder Zertifikaten. Die gute Nachricht: Es gibt in der Tat Anlageprodukte, die gezielt vom Erfolg frauengeführter Unternehmen profitieren wollen. So bietet die Schweizer Bank Vontobel seit drei Jahren ein entsprechendes Zertifikat (WKN: VT1333) an: Es bildet die Entwicklung eines speziellen Aktienkorbes ab. Dieser setzt sich zusammen aus Dividendentiteln von Firmen, bei denen Frauen im Topmanagement die Führungsrolle innehaben. Die Zusammenstellung des Aktienkorbs wird regelmäßig angepasst. Die jährliche Verwaltungsgebühr beträgt 1,6 %. Um in den Top Executive Women Basket aufgenommen zu werden, müssen die Firmen nicht nur eine Frau an der Führungsspitze aufweisen. Die weiteren Auswahlkriterien: eine Marktkapitalisierung von mindestens einer Milliarde Franken und eine hohe Liquidität der Aktien. Aus diesem Anlageuniversum werden die Titel ausgewählt, bei denen die höchsten Dividendenrenditen erwartet werden und zuletzt stets Ausschüttungen geflossen sind. Momentan vertreten sind in der Auswahl zwölf höchst unterschiedliche, internationale Titel: neben der australischen Westpac Banking Corporation zum Beispiel auch Imperial Tobacco, der einzige von einer Frau geführte große Tabakkonzern. Die 48 jährige Alison Cooper leitet seit 2010 den Zigarettenhersteller. Ebenfalls im Aktienkorb enthalten sind Singapore Telecommunications, eines der bedeutendsten TK-Unternehmen Asiens und der US-Medienkonzern Gannett Company, in dessen Eigentum sich etliche Zeitungsverlage und TV-Sender befinden.
Seit der Emission im Juli 2011 hat das Frauenpower-Papier rund ein Drittel an Wert gewonnen. Den MSCI World-Index konnte das Anlagezertifikat jedoch bisher noch nicht dauerhaft überholen.